Low Dose Ionizing Radiation. Deutlich höhere Risiken. (Gastkolumne in www.aufbruch.ch)

Aufbruch 266 vom 31. Januar 2024. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt spielt sich hinter den Kulissen seit Jahren eine intensive Auseinandersetzung über die Einschätzung der Gesundheitsrisiken durch ionisierende Niedrigstrahlung ab. Seit 1959 ist die Weltgesundheitsorganisation bei diesem Thema von der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) abhängig. Die IAEA hat dabei einen Zielkon¬flikt: Sie soll die Atomenergie fördern und zugleich den Schutz vor schädlicher Strahlenwirkung gewährleisten. Die internationalen Strahlenschutzgremien spielen Strahlenrisiken wie Krebs, Herzkreislaufschäden und genetische Auswirkungen notorisch herab. Neue wissenschaftliche Studien zur Krebshäufigkeit im Nuklearbereich und in der Medizin weisen nun jedoch deutlich höhere Risiken nach als bisher angenommen. Dies ist nicht nur für die Energiepolitik, sondern auch bei der medizinischen Anwendung ionisierender Strahlung wichtig (z. B. Röntgen).Dass selbst Strahlendosen unterhalb von 100 Millisievert messbare Gesundheitsschäden verursachen – es wurde behördlicherseits bisher abgestritten – wird in einer Medienmitteilung des Bundesrats vom Dezember 2023 nun anerkannt – wenn auch hinter vorgehaltener Hand. Er stützt sich auf einen vom Ständerat verlangten Expertenbericht des unabhängigen französischen Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire. Erst wenn Strahlenrisiken transparent und ehrlich genannt werden, wird eine faire Diskussion möglichsein: Was stellen »für die Bevölkerung tragbare Risiken« dar? Darauf weist die Internationale Ärzteorganisation IPPNW hin. Neuste Studien und Forderungen an die Behörden findet man unter www.ippnw.ch.
Claudio Knüsli, Arzt und IPPNW-Vorstand

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