Olympische Sommerspiele: Schweizer Ärzte warnen das Internationale Olympische Komitee IOC

Medienmitteilung zum 10. Jahrestag der Kernkraftwerkskatastrophe in Fukushima Daiichi

Aktuelle Nuklearpolitik im olympischen Japan: Fukushima-Kinder riskieren schwere Krankheiten und den Tod als Folge der Verstrahlung   
 

Etwa eines von 15 Kindern, das 2011 geboren und 100 Millisievert (mSv) ausgesetzt wurde, wird unter den derzeit geltenden, zu hohen japanischen Strahlendosis-Grenzwerten während seines Lebens an Krebs oder einer anderen lebensbedrohlichen Krankheit als Folge der Verstrahlung leiden. In Regionen, die durch den Unfall im Kernkraftwerk Fukushima radioaktiv verseucht sind, wird diese Risikoerhöhung noch Hunderte von Jahren andauern. Diese Regionen sind entsprechend dem üblichen Strahlengrenzwert von 1 mSv/Jahr unbewohnbar. Im Jahr 2021 ist die Katastrophe im Kernkraftwerk Fukushima keineswegs unter Kontrolle. Es muss als Instrumentalisierung der Athleten und der lokalen Bevölkerung angesehen werden, sollten die Olympischen Sommerspiele im Jahr 2021 mit dem Ziel durchgeführt werden, gegenüber dem Publikum weltweit eine Normalisierung der Verstrahlungssituation in Japan zu signalisieren.   
 
Radioaktiver Fallout wie bei der Kernkraftwerkskatastrophe von Fukushima 2011 breitet sich ohne Rücksicht auf Grenzen aus und trifft die Menschen wahllos. Daher ist jede nukleare Katastrophe, die radioaktive Materialien in der Luft, im Boden oder im Wasser verteilt, von globaler Bedeutung. Ionisierende Strahlung ist biologisch höchst schädlich.  Bei allen Dosen – ohne einen Schwellenwert, unterhalb dessen keine Wirkung eintritt (einschließlich Dosen, die zu niedrig sind, um kurzfristige Auswirkungen oder Symptome zu verursachen) – erhöht die Strahlenbelastung das langfristige Risiko von Krebs und chronischen Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen für den Rest des Lebens der Betroffenen.
 
Nicht eingehaltene Strahlenschutzstandards
Die am weitesten verbreitete, internationale Norm für den Strahlenschutz (ausgenommen Strahlung durch medizinische Untersuchungen und Behandlungen) erlaubt eine maximal zulässige Dosis künstlicher ionisierender Strahlung (z.B. aus Nuklearanlagen) für die Bevölkerung in Nicht-Notfallsituationen von 1 mSv pro Jahr. Seit den Kernschmelzen in 3 Reaktoren des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi 2011 werden in Japan derzeit jedoch 20 mSv pro Jahr staatlich toleriert. Dies ist nicht zu verantworten, obwohl es mit den Vorschriften der Internationalen Strahlenschutzorganisation ICRP  übereinstimmt.
 
Hohe Strahlenrisiken von Kindern – vor allem von Säuglingen – und von Frauen, insbesondere während der Schwangerschaft         
Kinder sind anfälliger für strahlenbedingte Krankheiten als Erwachsene. Besonders Säuglinge sind etwa viermal so empfindlich für strahleninduzierte Krebserkrankungen wie Erwachsene mittleren Alters. Frauen haben bei gleicher Strahlendosis insgesamt ein um fast 40 Prozent höheres Krebsrisiko als Männer. Eine einzige Röntgenaufnahme des Unterleibs einer schwangeren Frau, die eine Strahlendosis von etwa 10 mSv für den Fötus beinhaltet, erhöht das Krebsrisiko in der Kindheit bei ihren Nachkommen nachweislich um 40 Prozent. Zusätzlich erhöht sich das Lebenszeitrisiko für den Tod durch Herz-Kreislauferkrankungen für ein Kind, das vor dem zehnten Lebensjahr einer Strahlenbelastung ausgesetzt war, auf etwa das Zehnfache, verglichen mit einer Exposition, die nach dem siebzigsten Lebensjahr auftritt.
 
Perspektive der Risiken durch ionisierende Strahlung bei Kindern in Fukushima                                              
Um eine konkrete Risikoabschätzung zu geben: Für ein 2011 in Fukushima geborenes Kind, das in den ersten fünf Lebensjahren insgesamt 100 mSv zusätzlicher Strahlung ausgesetzt war (ein Wert, der von der aktuellen japanischen Politik toleriert wird), würde das zusätzliche Lebenszeitrisiko für Krebs in der Größenordnung von einem Fall von dreißig Kindern liegen, wahrscheinlich mit einem ähnlichen zusätzlichen Risiko eines vorzeitigen Todes durch eine Herz-Kreislauferkrankung. (1)
 
Unverantwortliche Politik der Rückkehr von Evakuierten in verstrahlte Regionen
Die aktuell vom Japanischen Staat forcierte Rückkehr von Evakuierten – insbesondere von Kindern und Frauen – in die radiokontaminierten Regionen ist nicht zu verantworten, wie auch das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte 2018 festgehalten hat (2).
 
 
Literatur :
 
1. Tilman A. Ruff;  A Public Health Perspective on the Fukushima Disaster. Asian Perspective 37(2013),  p 523-549 https://www.mapw.org.au/files/downloads/AP37-4_Tilman%20Ruff%20%281%29.pdf
 
2. Erklärung des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR, Office of the High Commissioner for Human Rights) vom 25.Oktober 2018
OHCHR | Japan must halt returns to Fukushima, radiation remains a concern, says UN rights expert